Spanien soll’s wieder werden, aber mit einem vorgeschobenem Aufenthalt in Frankreich. Beim Durchfahren des Rhone-Deltas im Jahr 2018 war ich von der Landschaft so begeistert, dass ich mir vornahm in Camargue mal ein paar Tage zu verbringen Aber langsam: Beginnen wir mit der Anreise.
Eigentlich sollte der Starttermin der 2. Oktober sein, aber dass ich diesen Termin würde einhalten können, hat sowieso niemand geglaubt – einschließlich mir. Aus dem Mittwoch wurde schließlich Samstag, eine Verzögerung, die für meine Verhältnisse durchaus im Rahmen liegt.
Im Folgenden soll nun nach und nach (Pardon, “peu á peu” – schließlich sitze ich gerade in Frankreich) mein Reisetagebuch entstehen.
Da ich allmählich den Überblick verliere bzw. nicht mehr weiß, welcher Tag gerade ist, hier eine Aufstellung der einzelnen Tage:
Samstag 5.10. Geiselhöring – Traunstein
Sonntag 6.10. Traunstein – Cremona
Montag 7.10. Cremona – Ventimiglia
Mittwoch, 9.10. Ventimiglia – Camargue
Donnerstag, 10.10. Umzug auf dem CP
Freitag, 11.10. Camargue-Rundfahrt
Samstag, 5. Oktober 2024
Um halb sieben war ich mit meiner Schwägerin in Traunstein zum Essen verabredet, aber…
Natürlich habe ich bis zur letzten Minute meine Siebensachen zusammengekramt und als ich schließlich losfahren wollte, bekam ich noch kurz einen netten Besuch.
“Bist schon weg?”, fragte Uli ganz unschuldig und “Hamma no Zeit auf a Hoibe?”
“Eh klar”, und schon saßen wir auf der Terrasse und tranken eine gemeinsame Abschiedshoibe. Natürlich jeder eine und währenddessen konnte ich meine cuñada (=Schwägerin) mitteilen, dass wir uns wohl nach etwas anderem zum Essen umschauen müssten.
Gute Freunde sind eben durch nichts zu ersetzen. Ganz ehrlich!!
Die Fahrt nach Traunstein verlief eigentlich ganz normal: Umleitung in Martinsbuch, Umleitung in Massing, wahrscheinlich noch die eine oder andere, aber darüber rege ich mich zwischenzeitlich nicht mehr auf.
Der geplante zünftige Schweinebraten in einem Traunsteiner Lokal wurde einfach durch Home-Cooking mit zwei Tiefkühl-Pizzen ersetzt. Eine Vorbereitung für Italien.
Erwähnenswert noch das Wetter, das richtung Oberbayern immer grausliger wurde und die tief hängenden, schwarzen Wolken gerade noch Sicht auf die Straße zuließen.
Sonntag 6. Oktober: Traunstein – Cremona
Für meine Verhältnisse relativ zeitig bin ich um ca. 11h bei strahlendem Sonnenschein losgefahren. “A Bickerl” für Österreich müsste ich mir ja auch noch besorgen. Also ab auf die Autobahn, um bei der ersten Raststätte den “Freischaltcode” für die österreichischen Autobahnwächter besorgen. “Hamma net”, so der lapidare Kommentar des Raststättenkassiers. Also weiter. Es geht ja auch später noch, zur Not direkt an der Grenze.
Also ab ins bundesdeutsche Schnellfahrnetz. Zunächst mal Stau-Umfahrung:
Achenmühle raus und durch die herrliche oberbayerische Landschaft über den Samerberg nach Brannenburg. Da ich sowieso schlecht “Hatschen” kann war die Fahrt durch dieses Wandergebiet schon das erste Highlight – ehrlich!
Raststätte Inntal:
Kurz vor der österreichischen Grenze erstand ich ein digitales Tagesbickerl (obwohl das gar nicht mehr bickt) und eine digitale Maut für den Brenner. Eine geile Sache und sehr kommod und empfohlen von führenden Haindlinger Persönlichkeiten.
“Baustell’ auf der Autobahn” müsste heute wohl der Titel von TruckStop beginnen. “Von Kiefersfelden bis Verona” wäre dann die zweite Zeile. Weitere folgen.
Bemerkenswert an der Fahrt war eigentlich nur, dass es trotz allem einige Kilometer ohne Baustellen und Staus gab.
A propos Stau: Er ist der große Gleichmacher des Straßenverkehrs. Da stehst du mit deinem unhandlichen Wohnwagen-Gespann einträchtig neben einem Lamborghini, Maserati oder Ferrari, von denen dürfen’s auch gerne mal mehr sein und kannst abends beruhigt und ehrlich sagen: “Heute war ich genauso schnell wie ein Aston Martin.”
Montag 7. Oktober: Cremona – XXMiglia
Das Wetter eher grau in grau, aber für einen reinen Reise- bzw. Fahrtag durchaus okay. Der flache Arsch Italiens (Po-Ebene) gibt landschaftlich nicht viel her und auch die Straßen und der Verkehr war ziemlich okay.
Interessant wurde die Fahrt ab Genua auf der Küstenautobahn. diese Strecke bin ich zum ersten Mal mit 18 gefahren, damals mit einer NSU Max, die ein Jahr älter als ich war und mit einer Ausrüstung, mit der sich heute niemand mehr auf’s Moped setzen würde. Aber seit dieser Zeit fasziniert mich diese Route.
Dieses Jahr reihte sich Baustelle an Baustelle mit ein paar wenigen Kilometern Unterbrechung. Rund 150 km – natürlich mautpflichtig auf reduzierten Spuren mit teilweise erheblichen Geschwindigkeitsbegrenzungen sind wahrlich kein Spaß, zumal auch der Ausblick auf’s Meer , dank Wolken verhangenen Himmels, nicht möglich war.
Das Baustellen-Drama, das quasi schon in Kufstein begonnen hatte, setzte sich hier problemlos fort.
Exkurs:
Es gab trotz der Permant-Baustellen so gut wie keinen Stau, da man sich (alle!, sogar AUDI-Fahrer) frühzeitig auf die später freigegebenen Spuren einordnete und nicht-wie in Deutschland üblich- bis zum Ende der freien Spur nach vorne brettert und sich dann aus dem Stand in Baustellenspuren zwängt. Das ist allerdings schon das Einzige, was ich positiv über die italienische Fahrweise vermerken kann. Geschwindigkeitsbegrenzungen werden grundsätzlich ignoriert und die 30km/h- und 60km/h-Schilder machen wohl nur für den Hersteller einen Sinn. Mehr dazu später.
Am Campingplatz musste ich erst mal den Wohnwagen abhängen und mit dem Mover in eine Position rangieren, um überhaupt zu meinem Stellplatz zu kommen. Man ist eben noch in den Ausläufern der Seealpen und entsprechend eng und schlecht sind die Zufahrtsstraßen und eben auch die Fahr- und Rangiermöglichkeiten auf dem CP (Campingplatz Delle Rose in Isolabona). Mehr dazu demnächst auf meinen CP-Seiten.
Beim Einrangieren hat mich dann auch noch ein satter Platzregen erwischt und da der Platz sowieso schon etwas aufgeweicht war, war der Stellplatz dann nur noch ein ziemlicher “Lättn”, so dass ich weder Tisch noch Stuhl aufgebaut und auch die Markise nicht ausgerollt habe (für die wäre sowieso kein Platz gewesen).
Nach einer guten Stunde Schlaf habe ich mich dann ins Restaurant aufgemacht, wo ich zusammen mit einen Paar aus Rosenheim einen netten Abend verbrachte. Ein paar Italiener feierten mit einer Musik-Session (2 Trompeten, Klarinette, Horn und Trommel) Geburtstag, so dass bis 12h nachts eine gute Stimmung herrschte.
Dienstag 8. Oktober: XXMiglia
Ich benutze hier XXMiglia (Ventimiglia) und den kleinen Ort, in dem CP liegt als Synonym, da sich unter “Isolabona” sowieso keine Sau sich etwas vorstellen kann.
Fortsetzung des schlechten Wetters mit Starkregen, so dass ich absolut keine Lust hatte aufzusatteln und die Reise fortzusetzen.
Gegen späteren Nachmittag wurde es dann etwas besser und ich bin ein bisschen durch die Gegend gefahren. Das heißt in den engen Tälern der Seealpen einmal 12 km hin und wieder zurück. Die permanenten Straßenschwellen und die verrückte (das meine ich im Ernst) Fahrweise der Eingeborenen verhindern eine genussvolle Spazierfahrt.
Abends dann wieder in die CP-Kneipe, wo ich erleben durfte, dass die Italiener durchaus sehr freundliche und gesellige Menschen sind, wenn sie mal keinen Autositz unter Hintern haben.
Zum Campingplatz bitte die CP-Beschreibung aufrufen.
Mittwoch 9. Oktober: Fahrt in die Camargue
Dass die Italiener Autofahren, als hätten sie eine schwangere Frau im Auto, bei der bereits die Fruchtblase geplatzt ist, ist eine Sache, aber in unübersichtlichen Kurven mit Vollgas zu überholen ist eine andere.
Mit einer Vollbremsung konnte den Zusammenstoß mit einem dieser Wahnsinnigen verhindern, der in einer nicht einsehbaren Kurve mit Vollgas überholte und mir dann auf meiner Spur auf einer sowieso schon ziemlich engen Straße entgegenkam. Beim nächsten Stopp habe ich dann mein Laptop auf der Sitzgruppe gefunden, die zugehörige Maus erst am Abend unter dem Bett.
Nach dem Schock am morgen habe ich es doch bis zur Autobahnauffahrt in XXMiglia geschafft. Natürlich wieder eine riesige Baustelle. Bemerkenswert, dass ich zuerst in der Zahlstelle eine Karte ziehen musste, die ich dann 500 Meter weiter an der nächsten Zahlstelle bezahlen musste. Nur um das eingeworfene Geld , dann wieder zurückzubekommen. Man hat eben so seine Methoden, wie man den Verkehr sinnvoll reguliert.
Bisher hat mit ja das italienische System mit langen Fahrstrecken (teilweise mehr als 150 km) sehr gut gefallen, aber das ging dann doch eher in richtung Schikane.
XXMiglia liegt direkt an der Grenze zu Frankreich und nach dem Grenzübergang denkt man in einer Welt oder zumindest in einem anderen Jahrhundert angekommen zu sein. Perfekte Straßen, keine Baustellen, einigermaßen gesittetes Fahren, auch wenn das miese Wetter immer noch keinen Blick auf’s Meer erlaubte. Vermiest wird das Ganze durch das engmaschige Netz an Zahlstellen. Möglicherweise haben die Franzosen einzelne Autobahnabschnitte kurzteilig privatisiert, so dass dieser Unsinn zustande kommt.
Einmal habe ich aber auch geschafft für längere Zeit eine Zahlstelleneinfahrt zu blockieren, als ich eine reine Telepéage-Spur erwischte und natürlich weder vorwärts (geschlossene Schranke noch rückswärts (mangels Fahrkünsten) kam. So absolvierte ich per Fernsprecher meinen ersten Französischkurs und nach mündlicher Übermittlung meiner Kreditkartendaten konnte ich schließlich weiterfahren.
Die weitere Strecke bis Arles und von dort auf der Landstraße zum CP verlief weitgehend ereignislos und stressfrei.
Am Campingplatz begrüßte mich eine Dame in perfekten (!) Deutsch und ich erhielt wunschgemäß einen Stellplatz in der Nähe der Sanitäranlage.
Wer mehr über den Campingplatz wissen will, schaue bitte hier!
Donnerstag 10. Oktober: Umzug und Pinkelorgie
Am Abend vorher hatte ich brav auf dem mir zugewiesenen Platz eingeparkt und mich, wenn ich was aus dem Auto brauchte am Wohnwagen entlang gehandelt, um auf dem glitschigen Untergrund nicht auszurutschen.
Nachdem der Nachbar gegenüber abreiste und einen Stellplatz mit verhältnismäßig viel Grün hinterließ, bin ich dorthin umgezogen. Den Wohnwagen habe ich über den Matsch gestellt und so habe ich tatsächlich eine “grüne Wiese” vor der Haustüre.
Leider konnte ich diesen Tag nicht unternehmen, da meine Wassertablette mit an den Wohnwagen, bzw. dessen Klo fesselte. Gefühlte 15 Mal habe ich wohl die Stätte der Erleichterung aufgesucht.
Freitag 11. Oktober: Irrfahrt durch die Camargue
Ich wollte unbedingt nach Saintes-Maries-de-la-Mer und das war auch gut so. Bei wunderschönen Wetter bin ich durch die kleinen Straßen der Camargue nach Saintes-Maries-de-la-Mer gefahren. Ein wunderschöner Ort mit einer netten Atmosphäre. So wurde ich z.B. von einem wildfremden Franzosen freundlich gegrüßt. Überhaupt habe ich die Franzosen in dieser Region als sehr angenehm und zuvorkommend empfunden und es sprechen viele Englisch!
Also Vorurteile ade!
Saintes-Maries-de-la-Mer liegt wunderschön an einer Bucht mit einem tollen Ausblick aufs Meer. Die Zugänglichkeit der Uferpromenade ist für Standardbesucher super. Es befindet sich ein großer, wenn auch kostpflichtiger, Parkplatz direkt unterhalb der Promenade. Leider hat er eine Höhenbeschränkung (wohlgemerkt im Freien) auf 1,80 Meter, so dass er für meinen Bus ausschied.
Ein Stück weiter fand ich dann eine kostenlose Parkmöglichkeit ohne Höhenbeschränkung.
Auch befindet sich dort eine öffentliche Toilette, was für mich immer wichtig, jedoch leider ohne Papier. Zwischenzeitlich bin ich für solche Fälle besser gerüstet.
Das schöne an dem Ort ist, dass er ohne die “modernen Bettenburgen” auskommt und ziemlich ursprünglich erscheint. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sich hier in der Hauptsaison eine Menge Touristen tummeln.
Nach einem Spaziergang am Kai und einer kurzen Fahr durch den Ort, soweit es in den engen Gässchen möglich ist, bin ich weit nach Aigues-Mortes, wo ich mich aber wegen Überfüllung wieder schnell aus dem Staub gemacht habe. Mehr dazu später. Natürlich stand auch noch “Le Grau de Roi” auf dem Programm. Ein Ort, den man gerne aus dem Besuchsprogramm streichen kann. Ausgerichtet auf Tourismus gibt es riesige Wohnanlagen und wenn man sich dann endlich zum Strand durch gewühlt hat, gibt es kaum Parkmöglickeiten. Dafür hat man einen wunderbaren Ausblick auf die entsetzliche Skyline von Sète, das direkt gegenüber der Bucht liegt.
Bei der Rückfahrt habe ich dann eine Anhalterin mitgenommen. Eine Russin, die angeblich in Italien lebt und ein entsetzliches Englisch spricht. Abgesehen davon war sie aber ganz nett und auch ich ein netter Mensch bin, habe ich einen Abstecher nach Arles gemacht und sie dort abgeliefert. Ich bin ja selbst in dieser Gegend vor vielen, vielen Jahren per Anhalter unterwegs gewesen und da revanchiert man sich auf diese Weise.
Am Ende des Tages hatte ich dann 200 km mehr auf dem Tacho.
Nachfolgend ein paar Bilder von Les-saintes-maries-de-la-mer
Samstag 12. Oktober: In den Salinen
Scheiß-Wetter, Scheiß-Wind!
Ein großer Teil der Camargue wird zur Salzgewinnung genutzt und die Salinen liegen direkt rund um den Campingplatz. Ich habe mir doch ein Herz gefasst und bin in einer kleinen Regenpause in das Salinengebiet gefahren, das sich vom Campingplatz aus über ca. 10 km bis zum Meer erstreckt.
Trotz der miserablen Wetterbedingungen bin ich an einem kleinen Aussichtspunkt ausgestiegen und habe diesen erklommen. Oben gab es natürlich eine Bude, wo -man glaubt es kaum- Salz in vielen Varianten teuer verkauft wurde.
Nett war aber, dass ich Paar aus Mannheim getroffen habe, mit dem ich mich eine Zeitlang sehr angenehm unterhalten habe. Mir wurde dann der Wind zu viel und ich habe mich wieder in meinem Wohnwagen verkrochen und mit der Arbeit an meinem Reisebericht weiter gemacht.